Mitten in Småland, ungefähr da wo Fuchs und Hase sich Gute Nacht sagen, liegt ein kleines, feines Himmelreich. Ein wunderschönes Fleckchen Erde in das man eintauchen kann wie in die Seiten eines gutes Buches. Hierher brachten mich meine Eltern vor über 30 Jahren zum allerersten Mal, und genau hierher kehre ich nun seit einigen Jahren immer wieder und wieder zurück um mich vollzusaugen mit diesem herrlich unbeschwerten Sommergefühl, dass nirgendwo anders unbekümmerter ist als hier.
Um in Astrid Lindgrens Welt einzutauchen, führt kein Weg an ihrem Heimatort Vimmerby vorbei. Vieles von dem was zwischen den über 70 mit ihrem Namen versehenen Buchdeckeln steht, nahm hier seinen Lauf und wird in Astrid Lindgrens Welt, einem wunderschönen Theaterpark rund um Ihre viele Geschichten, wieder lebendig. Für das ultimative Bullerbü-Gefühl quartierten wir uns in diesem Sommer für eine Woche in der dazugehörigen Winzig kleinen Stadt einum diesen besonderen schwedischen Sommer mit so vielen kleinen und großen Glücksmomenten wie nur irgendwie möglich zu füllen.
Das mondäne Rezeptionsgebäude, dass übrigens eine kleine Kopie des Stadshuset Vimmerby (Rathaus) ist, wirkt schon beim Betreten wie die Schwelle in eine andere Zeit. Hier dürfen sich die Kinder in der herrschaftlichen Verkleidungsecke mit Frisiertisch und Teestube vergnügen, während die Eltern entspannt einchecken, die notwendigen Formalitäten erledigen und sich einen ersten Überblick über das große Gelände samt Themenpark verschaffen.
Vorbei am betriebsamen Marktplatz, vielen kleinen Sackgassen und verwunschenen Innenhöfen gelangt man zu den altmodischen Stadthäusern, einfachen Holzhütten und kleinen Einfamilienhäusern. Die Häuser sind alle nach echter schwedischer Handwerkstradition gebaut und unterscheiden sich meist nur leicht in Größe und Ausstattung. Dank der liebevollen und unfassbar authentisch rekonstruierten Kleinstadt-Atmosphäre verschwimmen die Grenzen zwischen damals und heute und schwuppdiwupp findet man sich in der zauberhaften Welt von Astrid Lindgren, genauer gesagt im Vimmerby der 20er Jahre.
Nicht weit entfernt vom großen Marktplatz entdecken wir es schließlich auch: Unser falurotes Schwedenhäuschen, in dem wir die nächsten 7 Tage und Nächte verbringen dürfen.
Schon von weitem ist es Liebe auf den ersten Blick zwischen unserem Stora Längan und mir. Die alte, gelb angestrichene Kirchenbank vor dem Ferienhäuschen lässt mein Pfarrerstochter-Herz vor Freude hüpfen und auch meine pferdebegeisterten Töchter schlagen beim Anblick der unmittelbar daneben stehenden Kutsche samt Spielplatz beinahe Purzelbäume.
Von innen begeistert das Schwedenhäuschen mindestens genauso wie von außen. Es wurde mit viel Liebe zum Detail, Komfort und einer großen Portion skandinavischer Behaglichkeit versehen und ma möchte hier sofort einziehen, von mir aus gerne sofort und für immer.
Obwohl sich unser Leben in Vimmerby dank allerfeinstem Wetter überwiegend draußen abspielte, gab es von dem ersten Tag an einen ganz besonderen Lieblingsmoment, der ausschließlich drinnen stattfand: der Augenblick, in dem wir fünf uns nach einem langen, ereignisreichen Tag allabendlich mit einem guten Buch, einem Zeichenblock oder Kritzelheftchen in unsere schwedischen Schlafkojen verkrochen. Das war vom ersten Augenblick an so wunderschön und heimelig. Im Nu verwandelte sich unser Ein-Raum-Häuschen in ein gemütliches Ferienhaus mit vielen kleinen süßen „Einzelzimmern“, in denen man stets zusammen und gleichzeitig immer auch ein wenig für sich sein konnte.
Wenn wir nicht gerade im Theaterpark oder sonstwo unterwegs waren, genossen wir also in den folgenden unser herrlich unbeschwertes Ferienleben in der Winzig kleinen Stadt, saßen gemütlich mit einem Kaffee in der Hand auf unserer gelben Kirchenbank, schauten den Kindern beim Unbeschwertsein zu, verliebten uns Hals über Kopf in die wunderschönen schwedischen Stockrosen und tauchten mit großem Anlauf in Astrid Lindgrens zauberhafte Sommerwelt ein.
Astrid Lindgren veränderte einst meine Welt genauso wie sie die Welt vieler anderer Kinder veränderte. Ihre von Verständnis und Respekt getragenen Geschichten begleiteten mich durch meine Kindheit und anders als in vielen anderen Kinderbüchern verstand sie es den erhobenen Zeigefinger außen vor zu lassen. Die Abenteuer von Pippi, Michel und Ronja Räubertochter waren auch meine Abenteuer und heute, als Mama von 3 Töchtern, lese und erlebe ich die Momente von damals noch einmal aufs Neue. Ein Grund warum ein Schweden-Urlaub ohne Vimmerby für mich kaum vorstellbar ist: nirgendwo anders fühlte ich mich den lustigen, frechen, mutigen, einsamen und liebenswerten Kinderhelden so nah wie hier in Astrid Lindgrens Welt. Das liegt sicherlich an den vielen außergewöhnlich guten Darstellern, der authentischen und liebevollen Umsetzung und vor allen Dingen ganz besonders an der wunderschönen Atmosphäre, die in diesem besonderen Theaterpark herrscht.
Weil das Leben der erwachsenen Astrid Lindgren oft von großem Kummer bestimmt war, träumte sie sich so oft es ging auf den schwedischen Pfarrhof in Vimmerby zurück. Hier hatte sie genau die Bullerbü-Kindheit, von der sie in all ihren Geschichten immer und immer wieder erzählte. Und mag sein, dass genau dies der Grund ist, warum man heute beim Spaziergang durch jede noch so kleine Gasse des einzigartigen Parks meint, das seltsam behagliche Gefühl von Freiheit und Geborgenheit ganz deutlich zu spüren, mit dem sie ihre Kindheit so oft beschrieben hat. Es kriechtaus jeder Ritze heraus und ehe man sich versieht trägt es einen auf der zuckersüßesten aller Wattewolken mit sich davon.
Im Theaterpark trifft man auf viele bekannte Gestalten die kurze Szenen aus den bekanntesten Kinderbüchern Astrid Lindgrens in der Originalversion, also auf Schwedisch, aufführen. Das klingt vielleicht etwas kompliziert, die Sprachbarriere erweist sich jedoch aufgrund des bewundernswerten schauspielerischen Geschicks der Darsteller als ziemlich unrelevant, zumal an jeder Ecke mindestens eine Kindheitserinnerung lauert, die aufgelebt werden will…
Wie wäre es zum Beispiel dem sonderbaren Karlsson vom Dach ein wenig bei seinen frechen Streichen zusehen? Und dabei, wie er es schafft den kleinen Lillebror von seiner Einsamkeit abzulenken und mit einer großen Prise Unfug ordentlich aufzumuntern…
Gleich nebenan kann man sein Herz an das grandiose Landstreicher-Orchester verlieren und hinterher den Ohrwurm-tauglichen Landstreicher-Gesängen von Rasmus und Paradies-Oskar zuzuhören.
Ein paar Meter weiter versucht Michel von Lönneberga sich vergeblich aus der Suppenschüssel zu befreien nur um kurze Zeit später den nächsten Schabernack auszuhecken und seine kleine Schwester Ida an der Fahnenstange hochzuziehen.
Mein ganz persönliches Highlight liegt aber etwas versteckt abseits des Trubels hinter einem kleinen Wald aus riesengroßen Bäumen. Hier, im Mattiswald ist man gern gesehener Gast auf Ronjas Geburtstag, wird Zeuge wie ein Blitz die Mattisburg anschließend in 2 Teile sprengt und kann, wie ich, den unverwechselbaren Klang der betörend schönen Räubergesänge aufsaugen und ganz tief in seinem Herzen abspeichern.
Gleich im Nachbartal erzählen Jonathan und sein kleiner Bruder Krümel ihre traurig-schöne Geschichte und beim Abschluss-Gesang wird im Heckenrosental klang heimlich das ein oder andere Rührungs-Tränchen verdrückt. Soviel ist gewiss.
Zwischen den verschiedenen Vorstellungen bleibt natürlich auch genügend Zeit zum Spielen und so verschlägt es auch uns am allerliebsten für Kaffee und Kuchen und eine Rund Ins-Heu-hüpfen in die Spielscheune von Katthult. Eine kleine Abkühlung gibt’s gleich hinterher am benachbarten Spielteich.
Am Ende des Tages führt der Weg zurück in die Winzig kleine Stadt dirfkt durch die Krachmacherstraße und vorbei an den Häusern von Lotta und Tante Berg. Weg Zeit hat, kehrt noch für einen kleinen Abstecher in der Bäckerei von A. Larsson ein, bevor man Astrid Lindgrens Welt zu den Klängen der Blomgrens-Tankstellen-Band ‚Adjö‘ sagen muss.
Abschied nehmen von diesem wunderschönen Fleckchen Erde fällt mir jedes Jahr aufs Neue unendlich schwer, denn auch nach all den vielen Vimmerby-Besuchen werde ich dieses kleinen Bullerbü-Himmelreichs einfach nicht müde. Und weil mir die Worte fehlen auszudrücken warum, sage ich es einfach mit den Worten meiner allerliebsten Kinder-Heldin Ronja Räubertochter:
„Ich sauge den Sommer in mich rein wie die Wildbienen den Honig“, sagte sie. „Ich sammele mir einen großen Sommerkuchen zusammen und von dem werde ich leben, wenn… wenn nicht mehr Sommer ist. Und weißt du, woraus er besteht?“ Und sie erzählte es Birk. „Es ist ein einziger großer Kuchen aus Sonnenaufgängen und Blaubeerreisig mit reifen Beeren und Sommersprossen, die du auf den Armen hast, und abendlichem Mondschein über dem Fluss und Sternenhimmel und Wald in der Mittagshitze, voll von Sonnenlicht auf den Fichten und Regenschauern und all sowas. Und voller Eichhörnchen und Füchse und Hasen und Elche und dazu alle Wildpferde, die wir kennen. Und auch noch unser Schwimmen und Reiten im Wald, ja, da hörst du, dass mein großer Kuchen aus allem besteht, was Sommer ist.“
Mit viel Sonne und einem großen Sommerkuchen im Herzen sitze ich nun wieder Zuhause und zehre von all diesen schönen Erinnerungen und Bildern im Kopf. Und ganz nebenbei und ein wenig geheim freue ich mich schon wieder aufs nächste Wiedersehen mit Astrid Lindgrens Welt.
Ich hoffe Du hattest ein wenig Freude mit meinen geteilten Urlaubserinnerungen, schön dass Du dabei warst!
Allerliebste Grüße,
Birgit
Transparenzhinweis: Unser Aufenthalt wurde von Astrid Lindgrens Welt unterstützt. Meine Meinung ist jedoch, wie immer, meine eigene und nicht beeinflussbar.
[…] authentisch und liebevollen Umsetzung und den vielen wunderschönen Gesangsdarbietungen liegt. Hier, hier und hier hatte ich bereits ausführlich über unsere Besuche von Astrid Lindgrens […]