Weil sich die Erlebnisse eines langen und unvergesslichen Sommers niemals in nur einer Geschichte erzählen lassen, folgt heute Teil 2 von „Mein schwedischer Sommer„, denn nachdem wir ein paar alten Bekannten „Hej“ gesagt hatten, ging es für uns eine Woche später wieder ans Koffer packen um an einen weiteren Sehnsuchtsort mitten in Småland weiterzureisen.
Über den reizenden schwedischen Bauernhof „Villa Vilan“ habe ich ja schon einige Male berichtet (hier und hier zum Beispiel) – und weil wir so gerne wieder und wieder an dieses wunderschöne Fleckchen Erde zurückkehren, wird es wohl auch in Zukunft vermutlich noch einige Geschichten und Bilder von hier geben ;-).
Zwei Wochen verbrachten wir dieses Mal auf dem Hof im kleinen småländischen Weiler Galtås, dieses mal aber nicht im sich schon ziemlich heimelig anfühlenden Ferienhäuschchen Ekkulle, sondern – ganz neu für uns – im benachbarten Ferienhaus Äppellund.
Äppellund liegt in idyllischer Umgebung neben einem Apfelhain, der dem Gebäude auch seinen Namen gegeben hat und wartet mit dem für traditionelle schwedische Häuser typischen Charme auf. Hier fühlt man sich mindestens so wohl wie auf Bullerbüs Mittelhof und neben der stilgerechten und sehr gemütlichen Einrichtung genossen wir besonders das große Platzangebot, denn hier wohnt man auf stattlichen 160 Quadratmetern.
Wenn ich heute an meinen schwedischen Sommer zurückdenke, habe ich sofort den Duft von frisch gepflückten Wiesenblumen, warmem Milchkaffee unterm Apfelbaum, ofenwarmem Zimtgebäck, frisch gemähtem Gras und abendlichem Kerzenlicht in der Nase. Hach, Geruchserinnerungen sind was feines, oder? Vor einiger Zeit habe ich einmal gelesen, dass Erinnerungen viel länger im Gedächtnis bleiben, wenn sie an einen bestimmten Duft gekoppelt sind. Weil der himmlische Duft von meinem heißgeliebtem Zimtgebäck also gewissermaßen ungefiltert in meinem Gehirn landet, verbindet er sich dort automatisch mit meinen Gefühlen und bleibt mir deswegen mit großer Wahrscheinlichkeit viel länger als kostbare Erinnerung im Gedächtnis, als es andere vergangene Augenblicke tun. Seit ich das weiß, versuche ich in besonders schönen Momenten auch ganz bewusst deren Duft in mich heineinzusaugen. Und deswegen riecht mein schwedischer Sommer auch so wunderbar zimtschneckenseelig wie er das tut.
Für willkommene Abwechslung neben all der zauberhaften Schweden-Romantik inmitten wunderschöner Natur sorgte ein Besuch in Skandinaviens größtem Freizeitpark Liseberg – Abenteuer und eine große Portion Nervenkitzel inklusive.
Wer sich wundert warum man in Göteborgs Straßen immer wieder einem grünen Kaninchen begegnet muss wissen: das „grön Kaninen“ ist das Wahrzeichen von Liseberg und eine nationale Berühmtheit. Zu der Hintergrundgeschichte des grünen Kaninchens konnte ich bislang zwar leider keinerlei Informationen finden, nichts desto ist das kleine Tierchen aber seit einigen Jahren auch im Leben meiner Töchter ein fester Bestandteil ihrer allerschönsten Urlaubs-Erinnerungen.
Unglaublich aber wahr: der Freizeitpark Liseberg feiert in ein paar Jahren seinen 100. Geburtstag und diesen wunderbar nostalgischen Charme versprüht er an allen Ecken und Enden. Neben dem Riesenrad, einer hölzernen Berg- und Talbahn und dem drolligen Kaninlandet für die Kleinsten, finden sich in Liseberg auch eine Vielzahl von topmodernen Fahrgeschäften der allerneuesten Generation. Am beeindruckendsten ist aktuell wohl die Achterbahn Valkyria. Uns stockte allein beim Zusehen der Atem und das Adrenalin tanzte einen heißen Tango – wenn Du Lust auf etwas Nervenkitzel hast, kannst Du hier eine virtuelle Valkyria-Runde drehen – wir waren leider nicht so mutig für eine reale Fahrt. Vielleicht nächstes Mal. Oder auch nicht ;-).
Das Schöne an diesem Freizeitpark ist, dass er noch so viel mehr ist als ein reines Fahrgeschäfte-Vergnügen. Die vielen herrlichen Gärten mit Hundert tausenden von Blumen, ein Skulpturenpark, Hotels, Bars und Restaurants – hier ließe es sich auch ohne ganz Adrenalin-Kicks ganz wunderbar aushalten. Bei allerbestem Parkwetter erlebten wir einen wunderschön aufregenden Tag in Liseberg, ließen unsere Nerven einmal ordentlich wachkitzeln, kehrten zum Schluss nochmal in die zauberhafte Chocolaterie Fröken Ellen ein und und machten uns ziemlich müde und glücklich auf den etwa zweistündigen Rückweg in unsere Bullerbü-Blase nach Småland.
Ein anderer zauberhafter Ort, der unbedingt eine Reise wert ist: das Märchen-Museum in Ljungby. Bislang war es von uns aus unerklärlichen Gründen unentdeckt geblieben – dieses Mal tauchte es zum Glück auch auf unserem Radar auf.
In den tiefen, fantasieanregenden Wäldern von Småland liegt das Märchenland. Es umfasst die Gemeinden Ljungby, Älmhult und Alvesta. Einige der bedeutendsten Geschichtenerzähler Schwedens leben hier und fantastische Märchen und Sagen von Kobolden und Trollen, dem Nöck und der Waldfrau, Hexen und Gespenstern haben zu allen Zeiten Leute unterhalten und erschreckt. Die Erzählungen gingen jahrhundertelang von Mund zu Mund und von Generation zu Generation. Damit all die kostbaren Geschichten in unserer schnelllebigen Welt nicht in Vergessenheit geraten, hat es sich das Sagomuseet zur Aufgabe gemacht, die mündliche Erzähltradition in Schweden lebendig zu erhalten.
In dem kleinen aber sehr, sehr liebevoll gestalteten Museum begegnet man der furchterregenden Glotzsau, einem König und seinem Pisspott, den verführerischen Waldfrauen und manch anderen fantastischen Gestalten. Zu unserem großen Glück kamen wir sogar in den Genuss einer einer kleinen, privaten Führung in deutscher Sprache, was absolut wunderbar war! Ein ganz besonderer Ort, der vor 2 Jahren absolut verdient als Bewahrer des immateriellen Kulturerbes von der UNESCO ausgezeichnet wurde!
Ein anderer Ort, den ich allen Smaland-Urlaubern ans Herzen legen möchte, ist das Länsmuseum in Jönköping. Der Auftrag: regionale schwedische Kunst- und Kulturgeschichte für jeden zugänglich und erlebbar machen. Und das gelingt. So, so gut.
Orte wie diese beeindrucken mich immer sehr. Auf eine bemerkenswert nahbare und lebhafte Weise vermitteln sie so unendlich viel Wissen und Gefühl für Kunst und Kultur, dass ich hier gar nicht mehr weg möchte. Ausstellungen, offene Restaurierungs-Werkstätten, Spielräume für ganz Kleine und Bastelwerkstätten für größere Kinder, Workshops für Erwachsene und dazwischen geballtes kulturhistorisches Wissen rund um die Region Jönköping. Während die Kinder spielen oder basteln kann man durch das Gebäude flanieren, einen Blick in die angrenzende Stadtbücherei werfen (toll!) und im Bibliothekscafé noch schnell eine warme Zimtschnecke genießen (ein Traum!). Der Eintritt im Länsmuseum ist frei und die Zeit vergeht hier wie im Nu.
Weil selbst Sauerteige es genießen ein wenig in der Welt herumzukommen, war auch mein Sauerteigstarter dabei in meinem schwedischen Sommer. Bei besten Fensteraussichten haben wir ihn wochenlang liebevoll mit schwedischem Mehl gefüttert, gehegt und gepflegt und wurden hinterher mit so manch leckerem, ofenwarmen Brot belohnt. Und mal ganz ehrlich, wo könnte Brot besser schmecken als in Bullerbü, oder?
Das war er also, mein schwedischer Sommer. Wunderbar erlebnisreich und himmlisch erholsam zugleich, besser könnte es also gar nicht sein. Die Erinnerungen daran sind noch so lebhaft in meinen Gedanken, dass sie mich wärmen immer dann wenn es draussen mal wieder kalt, nass und grau ist. Und wenn die Gedanken an den Sommer in Småland mal etwas blasser werden sollten: es gibt nichts was eine ofenwarme Zimtschnecke nicht wieder geradebiegen könnte. Oder ein warmes Sauerteigbrot mit schwedischen Wurzeln, frisch aus dem Ofen und mit dem Geschmack des Sommers in Bullerbü.
Allerliebste Grüße und bis zum nächten Mal,
Birgit
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