Kunterbuntes Markttreiben, fidele Musikanten, tapfere Ritter (und Ritterinnen!), zauberhafte Hexen, Gaukler und spaßige Komödianten – jedes Jahr um diese Zeit verwandelt sich das Kaltenberger Schlossgelände an drei Wochenenden im Juli in eine mittelalterliche Parallelwelt. Weil sich das Schloss nur wenige Kilometer von meinem Zuhause am Ammersee befindet, freue ich mich schon seit meiner Kindheit jedes Jahrs aufs Neue darauf das Kaltenberger Ritterturnier zu besuchen um für einen Tag in eine längst vergangene Zeit einzutauchen.
Das Kaltenberger Ritterturnier gilt heutzutage mit seinen mehr als 1000 Darstellern als das größte Mittelalterspektakel der Welt und feiert in diesem Jahr seinen 40. Geburtstag. Ins Leben gerufen und bis heute organisiert wird es von Luitpold Prinz von Bayern, dem Urenkel des letzten bayerischen Königs. Inspiriert von den Ivanhoe-Filmen der 60er Jahre sowie zahlreichen Sagen aus der Zeit von Artus & Co., fand 1980 das erste Turnier in Deutschland statt. Was einst als kleine, verrückte Idee begann ist heute weltbekannt und zieht jedes Jahr zigtausende Menschen in die eigens geschaffene mittelalterliche Kleinstadt rund um Schloss Kaltenberg. Beeindruckend!
In dem Lager rund um das Schloss und abseits des Turniergeschehens wird gekocht, genäht, gesungen und trainiert. Wer schon immer einmal tief ins mittelalterliche Leben eintauchen wollte, sollte hier unbedingt vorbeischauen. An den zahlreichen Markt- und Handwerksständen erlebt man viele beinahe vergessene Fertigungstechniken und kann dem Scherenschleifer, Glasbläser, Sattler, Spinner, Löffelschnitzer oder Kerzenzieher entspannt bei der Arbeit zusehen. Kinder haben hier die Möglichkeit in einer der zahlreichen Werkstätten mitzumachen, den Geschichtenerzählern zuzuhören oder anderen Künstlern und Akrobaten zuzusehen.
Das Kaltenberger Ritterturnier ist zweifellos ein Fest für die Sinne und neben dem phänomenalen Unterhaltungsprogramm auch kulinarisch ein absolut einzigartiges Highlight. Wer, wie ich, die ursprüngliche und kompromisslos leckere Küche liebt, kann hier ein kleines Feuerwerk voller wunderbarer Genüsse und Leckereien erleben. Aus den Schenken und Tavernen ernönt das Geräusch der dumpf klirrenden Steinkrüge, in dem schattigen Wäldchen rund um das Lager köchtelt das würzige Gulasch über dem offenen Feuer und ein paar Meter weiter bereiten Bäckerinnen in der mittelalterlichen Hofbäckerei allerlei in Schmalz gebackene Köstlichkeiten zu.
Aus der Brotbäckerei duftet es verlockend, denn hier wird laufend frisches Holzofenbrot gebacken, dass man entweder mitnehmen oder als Schnittlauch- oder Schmalzbrot gleich verzehren kann. Beim Blick über die Schulter des Bäckers erfährt man ganz nebenbei, dass Brot im Mittelalter eines der Hauptnahrungsmittel der Menschen war und Bäckersleute aufgrunddessen hochangesehene Handwerker waren. Wer dem wunderbaren Duft nicht wiederstehen kann, sollte vor dem Heimweg hier erneut Halt machen und ein Stück „frisches“ Mittelalter mit nach Hause nehmen.
Nicht unweit der Arena liegt der würzige Geruch von allerfeinstem Kräuterkrustenbraten in der Luft. Gut anderthalb Stunden lang schmort das besonders magere Schinkenstück mit Schwarte im Ofen bevor es dann mit Preiselbeeren, Meerrettich und Kräuterrahm in einer knusprigen König Ludwig Semmel serviert wird.
Obwohl Fisch und Fleisch im Mittelalter eine sehr große Rolle spielten, kommen auf Schloss Kaltenberg auch die Liebhaber der fleischlosen Küche auf ihre Kosten. Neben Falafel im Brot, hausgemachten Speckknödeln auf Kartoffelsalat, Spinatknödeln auf Blattspinat oder Zwetschgenknödeln mit Zwetschgenröster locken unter anderem die besten hausgemachten Käsespätzle die ich seit langem gegessen habe (zu finden neben der Walhall und zum Reinlegen gut!).
Ebenfalls neben der 14 Meter hohen Walhall findet man einige meiner weiteren ganz persönlichen süßen Highlights: Kaiserschmarrn mit mega-leckerem Apfelmus sowie frischen Apfelstrudel mit cremiger Vanillesoße. Weil das Beschränken auf nur eine Süßspeise absolut schwer fällt, und beide Gerichte darüber hinaus absolut phänomenal schmecken, empfehle ich beides zu probieren und sich die Leckereien ein paar anderen Süßmäulern zu teilen. Eine weise Entscheidung, die keiner bereuen wird. Versprochen!
Auf meinem kulinarischen Spaziergang durchs Mittelalter gibt es eine Sache, bei der vergesse ich jedes Jahr kurzerhand meine guten Manieren und sogar die sonst selbstverständliche Angewohnheit zu Teilen: beim Eis von König Ludwig Glace Royal. Ohne nicht mindestens 2 Kugeln der himmlischen Eiscreme probiert zu haben, verlasse ich Schloss Kaltenberg niemals. Die 10 erhältlichen Eissorten werden in Handarbeit und nach traditioneller Manufakturart hergestellt und schmecken sagenhaft lecker. Zu meinen absoluten Lieblings-Geschmackssorten gehören ‚Erlesene Himbeere’, ‚Bayrisch Creme mit feinem Holunder’ und ‚Tarte au citron‘. Ein unvergesslicher Genuss und zu finden am Eisstand an der Rabenbühne, im Biergarten sowie im Bräustüberl. Dringende Probier-Empfehlung!
Kurz bevor es in die Arena zum sagenumwobenen Ritter-Spektakel geht, bietet sich ein kleiner Stopp am mittelalterlichen Mokka & Kaffeestand an. Seit im 16 Jahrhundert die Kunde in Europa umging, dass man im Orient einen Trank zu sich nehme, der schwarz wie Tinte, dennoch wohlschmeckend und gut für den Magen sei, ist Kaffee aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Ganz besonders schön und authentisch lässt er sich am mittelalterlichen Kaffee-Stand genießen.
Die große Ritterturnier-Show in der Arena ist die Krönug eines jeden Tages auf Schloss Kaltenberg. Dann zieht es tausende Menschen ins große steinerne Rund und viele kleine und große Augenpaare verfolgen 2 Stunden lang gebannt den Kampf zwischen Gut und Böse.
Neben all den beeindruckenden Turnier-Shows der letzten Jahre, geht die bisher recht klassisch interpretierte Rittershow in diesem Jahr erfreuliche neue Wege. Auch wenn der Titel „Kampf der Brüder“ es nicht unbedingt vermuten lässt, ist die Show in diesem Jahr ein Fest der Frauen. Starke Amazonen kämpfen an der Seite des guten Königssohns gegen den schwarzen Ritter. Sie liefern sich epische Schlachten, beeindrucken in einer atemraubenden Pferdeshow und beweisen sich in leidenschaftlichen Kämpfen und spektakulären Stunts an der Seite ihrer männlichen Ritterkollegen. Eine tolle, neue Show die uns mit seiner geballten Girl-Power einige Male den Atem anhalten hat lassen!
Wer nach dem Turnier noch Zeit und Muße hat, sollte unbedingt noch einen Spaziergang über das nächtliche Ritterfest machen, denn so schön die mittelalterliche Kleinstadt auf Zeit bei Tageslicht auch ist, bei Nacht gewinnt sie noch ein Vielfaches an mystischer Atmosphäre hinzu. Die Verkaufsstände sind mit Kerzen hell erleuchtet, müde Ritter klappern lautstark mit ihrem Krügen und in den mittelalterlichen Lagern versammelt man sich nach einem langen Turniertag rund um das Feuer. Und während man satt, zufrieden und mächtig gut unterhalten durch die kleinen Gassen des Schlossgeländes spaziert, vergisst man beinahe für einen kurzen Moment in welchem Jahrhundert man sich eigentlich gerade befindet.
Für alle Interessierten: Das letzte Ritterturnier Wochenende findet vom 26. Juli bis 28. Juli 2019 statt. Tickets sowie weitere Infos findest Du hier.
Ich wünsche Dir eine wunderbare Woche!
Allerliebste Grüße,
Birgit
PS: Weitere Tipps und Empfehlungen für einen kulinarischen Spaziergang über das Kaltenberger Ritterturnier findest Du auch in meinem Beitrag vom Vorjahr.
Schreibe einen Kommentar